Charleroi – ein Wechselbad der Gefühle
FRRELENS in Hamburg präsentiert die Charleroi-Panoramen des schwedischen Fotografen Jens Olof Lasthein. Wenngleich ich noch nie in Charleroi war, beeindruckt mich das Porträt der Stadt und ihrer Bewohner, denn es ist weit mehr als das: es ist bei aller Individualität auch bezeichnend für eine (unsere) Gesellschaft, die man so oder ähnlich auch an vielen anderen Orten findet.
Arbeitslosigkeit und Armut beherrschen die belgische Stadt Charleroi, die einst das Zentrum der Kohle- und Stahlindustrie des Landes war. Unkraut überwuchert brachliegende Industrieanlagen. Fensterscheiben leerstehender Gebäude sind eingeschlagen. Berge von Unrat säumen die leeren Straßen, durch die herrenlose Hunde streunen. Männer schrauben an ihren Autos, Jugendliche lungern herum, die Kneipen sind bereits tagsüber gut gefüllt. Eine Gedrücktheit hat sich der einst so stolzen Gemeinde bemächtigt, so dass diese angezählt wirkt.
Trotz alledem weist Charleroi einen Charme auf, dem der schwedische Fotograf Jens Olof Lasthein schon bei seinem ersten Besuch erliegt. Auf Einladung des örtlichen Fotomuseums soll er als Außenstehender ein Porträt der wallonischen Stadt erschaffen. In großformatigen Panoramen, die sein Markenzeichen sind, führt er uns ihre Bewohner und Orte vor, die er auf seinen Streifzügen entdeckt.
»Ich wurde von der rauen Schönheit der Stadt und der Leute verführt, die wissen, wie man teilt, die einem Aufmerksamkeit entgegenbringen und sich gegenseitig respektieren«, so Lasthein. Aufmerksamkeit und Respekt sind die Eigenschaften, welche auch er seinem Gegenüber entgegenbringt und die dazu beitragen, dass die Menschen sich ihm öffnen. Als Ergebnis dessen dürfen wir als Betrachter schließlich seinen farbintensiven Breitwandszenen beiwohnen.
Ob beim Spiel der Kinder oder in der Runde der Kneipengäste – Lastheins meisterhafte Panoramen von entwaffnender Ehrlichkeit versetzen uns in ein Wechselbad der Gefühle. Sie lassen uns schmunzeln und vielleicht heimlich eine Träne verdrücken bei der Betrachtung der Menschen, die zwischen den schwarzen Hügeln dieser Region leben.
Jens Olof Lasthein (1964 in Schweden geboren) hat als Werftarbeiter und Busfahrer gejobbt und Reisen nach Asien und Osteuropa unternommen, bevor er an der »Nordic Photo School« zum Fotografen ausgebildet wurde. Heute arbeitet er für namhafte internationale Magazine. Seine Konzentration gilt seinen eigenen Langzeitprojekten, die er in Büchern und internationalen Ausstellungen präsentiert. »Home Among Black Hills« wird in der FREELENS Galerie erstmals in Deutschland ausgestellt.
Besucherinformationen FREELENS e.V. Steinhöft 5, 20459 Hamburg Tel +49 (0)40 300664-0 Fax +49 (0)40 300664-20 Ausstellungsdauer: bis 3. Juni 2016 Öffnungszeiten: Mo bis Fr von 11-18 Uhr
Bilder und Texte mit freundlicher Genehmigung von FREELENS e.V.